24
Aug.
2022

Corsage- Was stimmt nicht beim neuen Sisi-Film?

Ich war kürzlich mit meiner Cousine Tammy im Kino und wir haben uns den neuen Sisi-Film „Corsage“ von Marie Kreutzer mit Vicky Krieps als Kaiserin Elisabeth angesehen. 

Die Handlung beginnt im Dezember 1877, Kaiserin Elisabeth begeht ihren 40. Geburtstag. Sie gilt jetzt als alt und sucht verzweifelt nach Bestätigung. Außerdem soll sie ihren ungeliebten Repräsentationspflichten nachkommen und sucht Wege um dies zu umgehen. Der Film zeichnet das Bild einer depressiven, lebensmüden und ausgebrannten Frau.

Ist das nun die wahre Sisi oder steckt sehr viel künstlerische Freiheit dahinter?

Als Sisi-Fans wissen meine Cousine und ich, wie wir den Film einordnen müssen, was wahr ist und was frei erfunden. Eine liebe Freundin meinte aber zu mir, wenn das alles stimmt, was im Film gezeigt wird, wäre ihr Sisi-Bild erschüttert.

Falls euer Sisi-Bild nach dem Film auch erschüttert ist – keine Angst!

Ich habe 15 Behauptungen des Films unter die Lupe genommen und einem Fakten-Check unterzogen. 

 

Achtung, Spoiler!

 

Frage 1: Wie war das Verhältnis von Kaiserin Elisabeth zu Kaiser Franz Joseph?

Film: Das Verhältnis von Sisi zum Kaiser wird gelinde gesagt als unterkühlt dargestellt, der Kaiser ist Sisi gegenüber sehr schroff. In einer Szene sagt er ihr klipp und klar, was ihre Aufgaben als Kaiserin sind, nämlich das Land zu repräsentieren. In politische Angelegenheiten habe sie sich nicht einzumischen. Dabei sitzt er in der Badewanne, Sisi hat er in der Nacht aus ihren Zimmern rufen lassen (weil sie ja eh nicht schläft). 

Antwort: Man muss sich hier kurz in Erinnerung rufen, wie sich die beiden kennen gelernt haben. Kaiser Franz Joseph hat die junge Elisabeth gesehen und sich sofort verliebt. Binnen weniger Tage waren sie verlobt und im Jahr darauf wurde geheiratet. (siehe Gabriele Prschl-Bichler, Unsere liebe Sisi. Die Wahrheit über Erzherzogin Sophie und Kaiserin Elisabeth. Aus bislang unveröffentlichten Briefen, Almathea Signum Verlag, S. 18 – 24, S. 75 – 82)

Zeit seines Lebens war Franz Joseph seiner Sisi in Liebe verbunden. In seinen Briefen hat er Sisi mit „Meine Engels-Sisi“ oder „Heißgeliebte Sisi“ angesprochen, unterschrieben hat er mit „Dein Kleiner“. Er erfüllte ihr jeden Wunsch und finanzierte vor allem ihre kostspieligen Reisen, obwohl er unter den langen Abwesenheiten der Kaiserin litt und sich nach ihr sehnte. Als er von seinem Generaladjudanten die Nachricht von Sisis Tod erhielt, sagte er: „Sie wissen nicht, wie ich diese Frau geliebt habe.“ (siehe Kaiser Franz Joseph 1830-1916 Mythos und Wahrheit, Christian Brandstätter Verlag, 1. Auflage, S. 79 – 80, S. 86 – 87)  

Franz Xaver Winterhalter, Public domain, via Wikimedia Commons

Frage 2: Hat sich Sisi ihre Haare abgeschnitten?

Film: Sisi schneidet sich selbst ihre langen Haare ab und ihre Friseurin Fanny Feifalik erleidet darüber eine Nervenzusammenbruch.

Antwort: Sisi war sehr stolz auf ihre unglaubliche Haarpracht, ihr Haar reichte bis zu den Fersen. An ihre Haare ließ Sisi nur Fanny Feifalik, die vorher am Hofburgtheater als Friseurin gearbeitet hatte und durch ihre kunstvollen Frisuren aufgefallen war. Sie war für die aufwändigen Flechtfrisuren der Kaiserin verantwortlich, vor allem für die legendäre und viel kopierte „Steckbrieffrisur“. Das tägliche Frisieren nahm zwei bis drei Stunden in Anspruch und Fanny Feifalik musste danach die ausgefallenen Haare der Kaiserin vorweisen, welche diese mit einem vorwurfsvollen Blick quittierte. Fanny behalf sich mit einem Trick, indem sie Klebebänder unter ihrer Schürze angebracht hatte und darauf heimlich die ausgekämmten Haare verschwinden ließ. (siehe Brigitte Hamann, Elisabeth Kaiserin wider Willen, Piper Verlag, 8. Auflage, S. 194 bis 196; Katrin Unterreiner, Sisi Mythos und Wahrheit, Christian Brandstätter Verlag, 7. Auflage, S. 66 – 67) Jemand, der so einen Kult um seine Haare treibt und tatsächlich jedem Haar nachweint, wird sie sich wohl kaum abschneiden.

unbekannt, Public domain, via Wikimedia Commons

Frage 3: Wie war Sisis Verhältnis zu Bay Middleton?

Film: Sisi reist nach England, wo sie Bay Middleton, einen der besten Reiter seiner Zeit wieder sieht. Es gibt eine Art verkappte intime Begegnung. Sisis Schwester Marie ist ebenfalls in England und wiegelt Kronprinz Rudolf gegen Sisi auf, indem sie eine Affäre zwischen Sisi und Middleton andeutet. Sisi ist so enttäuscht von ihrer Schwester, dass sie sie nie wieder sehen will.  

Antwort: Bay Middleton war einer der besten Reiter Englands und für seine selbstbewusste und raue Art bekannt. Er wurde 1876 erstmals engagiert, um Sisi auf den Parforcejagden in England zu begleiten. Sisi nahm als eine der wenigen Frauen an den anstrengenden und auch gefährlichen englischen Reitjagden teil. Bay Middleon war anfangs nicht über seine neue Aufgabe erfreut und musste erst dazu überredet werden. Dies kam Sisi zu Ohren und weckte ihren Ehrgeiz, sich zu beweisen und zu zeigen, dass sie eine hervorragende Reiterin war. Sie hatte sich das Ziel gesetzt, bei den Jagden nicht nur mitzuhalten, sondern auch die Beste zu sein und Bay Middleton trug maßgeblich dazu bei. 

Es ranken sich viele Geschichten um das Verhältnis zwischen Bay Middleton und der Kaiserin. Bay Middleton hat der Kaiserin sowohl durch seine schroffe Art als auch durch seine großen Reitkenntnisse Respekt eingeflößt. Er durfte sie kritisieren und sie nahm das hin. Er kaufte auch ihre Reitpferde ein. Beweise für eine Affäre oder auch nur eine Annäherung gibt es nicht. 

Im Jahr 1878 hielten sich sowohl Kronprinz Rudolf als auch die Kaiserin in England auf. Bei dieser Gelegenheit gab Marie von Neapel, Sisis Schwester, die ebenfalls in England weilte, Gerüchte um eine angebliche Affäre zwischen der Kaiserin und Bay Middleton an den Kronprinzen weiter. Dieser brüskierte Bay Middleton öffentlich und es kam zum Streit. Die Hofdame Marie Festetics vermerkte in ihrem Tagebuch, dass die Gerüchte wohl der Eifersucht von Sisis Schwester entsprangen, da diese Bay Middleton für sich haben wollte. 

Es kam zu einem Zerwürfnis zwischen den Schwestern, das zeitlebens nicht überwunden werden konnte. Sisi wollte ihre Schwester nicht mehr sehen und verzichtete sogar auf die Jagden in England, da die Schwester dort ein Haus hatte, und reiste von da an lieber nach Irland zur Jagd. (siehe Brigitte Hamann, Elisabeth Kaiserin wider Willen, Piper Verlag, 8. Auflage, S. 330 bis 340)

Frage 4: Gibt es Filmaufnahmen von Sisi?

Film: Ein junger Mann wird bei der Kaiserin vorstellig, der ihr seine Erfindung, nämlich eine Filmkamera vorführt und sie bittet, sie auf Film aufnehmen zu dürfen. Die Kaiserin willigt ein und man sieht schwarz/weiß Aufnahmen, wie sie reitet, herumgeht oder auch brüllt (wobei man nichts hört, es ist ja ein Stummfilm).

Antwort: Leider gibt es keine Filmaufnahmen der Kaiserin, da dieses Medium erst viel später aufgekommen ist. Ich bin aber sicher, dass sie an dieser Erfindung sehr interessiert gewesen wäre. Reitaufnahmen hätte sie wahrscheinlich genützt, um Haltungsfehler zu korrigieren (ähnlich wie beim Fechten). Ich denke aber nicht, dass sie sich brüllend oder Zunge zeigend hätte filmen lassen.

Frage 5: Hat Sisi ein Double geschickt, wenn sie bei Veranstaltungen nicht teilnehmen wollte?

Film: Sisi möchte nicht an einem offiziellen Termin teilnehmen und steckt stattdessen eine Hofdame in ihr Kleid und setzt diese verschleiert als ihre Doppelgängerin ein.

Antwort: Es stimmt, dass Sisi ihre Friseurin Fanny Feifalik mehrmals als ihre Doppelgängerin ausgab. Möglich war das aber nur im Ausland, wo man Elisabeth nicht so gut kannte und der Schwindel nicht gleich auffliegen konnte. Sisi war es auf diese Weise möglich, unerkannt eigenen Interessen nachzugehen, wie einer Stadtbesichtigung oder Einkäufen. Ihre Friseurin gab sich inzwischen Mühe, kaiserlich und würdevoll zu wirken und ließ sich von der Menge bejubeln. (siehe Brigitte Hamann, Elisabeth Kaiserin wider Willen, Piper Verlag, 8. Auflage, S. 196 – 197) 

Joseph Albert, Public domain, via Wikimedia Commons

Frage 6: Wollte Sisi ein intimes Verhältnis zu ihrem „Königsvetter“, Ludwig II. von Bayern?

Film: Sisi verbringt viel Zeit mit ihrem Cousin Ludwig II. von Bayern, sie frühstücken sogar zusammen im Nachthemd. Schließlich versucht Sisi ihn zu verführen, was dieser jedoch zurückweist. 

Antwort: Sisi war acht Jahre älter als Ludwig und die Cousine seines Vaters. Sie waren demnach im zweiten Grad verwandt und sie ähnelten sich in einigen Aspekten. So hassten sie den höfischen Zwang, hatten einen Hang zum Schwermut und zogen sich immer mehr von der Öffentlichkeit zurück. Ludwig war kurze Zeit mit Sisis jüngerer Schwester Sophie verlobt, löste die Verlobung jedoch, worüber Sisi sehr empört war. 

Trotz der Ähnlichkeiten beschwerte sich Sisi über Ludwigs anstrengende Besuche, da er meist recht spät kam, lange blieb und die Besuche eher schweigsam verliefen. Erst in den 1880er Jahren wurde die Beziehung enger, da sie sich beide verkannt fühlten und Sisi in Ludwig einen Seelenverwandten sah. Aber auch in dieser Zeit waren Treffen zwischen den beiden sehr selten und verliefen schweigsam. Ein Annäherungsversuch der Kaiserin gegenüber Ludwig ist daher frei erfunden. (siehe Brigitte Hamann, Elisabeth Kaiserin wider Willen, Piper Verlag, 8. Auflage, S. 399 -424)

Frage 7: Hat Sisi nur schwarz bzw. dunkle Farben getragen?

Film: Man sieht Sisi nur mit schwarzer oder sehr dunkel gehaltener Kleidung.

Antwort: Oft hört man über Sisi, sie habe nach dem Tod von Kronprinz Rudolf nur noch schwarz getragen. Die sogenannte Tragödie von Mayerling ereignete sich aber viel später als die Handlungen des Films, nämlich 1889. Bestürzt über den Tod ihres einzigen Sohnes habe Sisi von da an nur mehr Trauer getragen.

Ganz richtig ist das aber nicht. In den Jahren 2020 und 2021 hat es im Schloss Niederweiden eine Sonderausstellung über Kaiserin Elisabeth gegeben („Mensch und Majestät“). Dabei konnte man einige Kleider der Kaiserin bestaunen, die sie auf Korfu getragen hat. Die Villa auf Korfu wurde 1891 fertiggestellt, also nach Rudolfs Tod. Die Kleider waren auch keineswegs schwarz, sondern sehr farbenfroh und in Pastelltönen gehalten. Die Kaiserin hat demnach auch nach Rudolfs Tod färbige Kleider getragen und nicht nur schwarz. (siehe Olivia Lichtscheidl und Michael Wohlfahrt, Elisabeth Kaiserin und Königin, Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft m.b.H., 1. Ausgabe, S. 40 – 41)

Frage 8: War Sisi abhängig von Kokain?

Film: Sisi wird von einem Arzt Kokain verschrieben. Während Sisi bei einem offiziellen Termin von einer Doppelgängerin vertreten wird, ist Sisi im Drogenrausch. 

Antwort: In der Reiseapotheke der Kaiserin befand sich tatsächlich eine Kokainspritze, da Sisi unter Menstruations- und Wechselproblemen litt, die durch den Einsatz von Kokain gelindert werden konnten. 

Kokainhältige Präparate wie Salben, Zäpfchen, Halsschmerzpastillen oder Kokainbonbons für zahnende Kinder waren damals frei erhältlich und nicht nur für die wohlhabende Klasse zugänglich. Da es schmerzstillend wirkt, war es in vielen Haus- und Reiseapotheken zu finden. Intravenös verabreicht war die Wirkung nicht nur krampflösend, sondern auch stimmungsaufhellend, was die verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden der Kaiserin erleichterte.

Nach einer von Sigmund Freud veröffentlichten Studie zur positiven Wirkung von Kokain wurde es immer beliebter und galt als bedenkenloses Mittel bei depressiven Verstimmungen und Erschöpfungszuständen. Erst später wurden die Gefahren von Kokain erkannt und es wurde schließlich als Droge eingestuft und verboten. Heute würde man gegen die Beschwerden der Kaiserin natürlich zu anderen Medikamenten greifen.

Wie oft Sisi Kokain verabreicht wurde, ist nicht bekannt und es gibt auch keine Belege dafür, dass sich Sisi an Kokain als Droge berauscht hat. (siehe Olivia Lichtscheidl und Michael Wohlfahrt, Elisabeth Kaiserin und Königin, Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft m.b.H., 1. Ausgabe, S. 57, Katrin Unterreiner, Die Habsburger Mythos und Wahrheit, Styria premium, 2011 und 2014, S. 150 – 152)

Autor/-in unbekanntUnknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

Frage 9: Hat Sisi eine Geliebte für den Kaiser angeheuert?

Film: Sisi beobachtet, wie der Kaiser mit einer jungen Frau spazieren geht und sich sichtlich gut unterhält. Daraufhin lädt sie die Frau in die Hofburg zum Tee ein und sagt ihr, dass sie ab sofort die neue Mätresse des Kaisers sein soll. 

Antwort: Es wird angenommen, dass der Kaiser im Laufe der Zeit einige Geliebte hatte. 1875, also bevor die Handlung im Film einsetzt, hatte Franz Joseph beim Spaziergang im Schönbrunner Schlosspark Anna Nahowski kennen gelernt, zu der er bis 1889 eine Beziehung unterhielt. Eine Anbahnung der Liasion durch die Kaiserin ist nicht bekannt. 

Die bekannteste Freundin des Kaisers war die Schauspielerin Katharina Schratt. Franz Joseph hatte sie im Theater gesehen und die Kaiserin bemerkte gleich, dass der Kaiser an der über 20 Jahre jüngeren Schauspielerin Gefallen gefunden hatte. Die Kaiserin war zwar sicherlich diejenige, die eine Beziehung der beiden ermöglichte, aber etwas subtiler und auch graziöser als im Film dargestellt. So arrangierte sie heimliche Treffen, bei denen Katharina Schratt offiziell die Vorleserin der Kaiserin in der Hofburg besuchte und dort auch zufällig den Kaiser traf. Da Sisi oft auf Reisen war, hatte sie so eine Kameradin für den Kaiser gefunden.

Die Schratt galt als fröhlich, herzlich und humorvoll und der Kaiser besuchte sie regelmäßig um 7 Uhr früh in ihrer Villa in der Nähe von Schloss Schönbrunn. Dabei bewirtete sie den Kaiser mit seinen Lieblingsspeisen und erzählte ihm unterhaltsame Geschichten. Bald wurde sie bei Hof und in der Familie als „die Freundin“ akzeptiert. Ob die beiden tatsächlich nur eine Freundschaft oder mehr verband, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Sie erhielt aber jedenfalls sowohl eine monatliche Apanage als auch kostbare Geschenke wie Schmuck vom Kaiser und wurde zu privaten Familiendiners des Kaiserpaares eingeladen. (siehe Brigitte Hamann, Elisabeth Kaiserin wider Willen, Piper Verlag, 8. Auflage, S. 482 – 511; Katrin Unterreiner, Kaiser Franz Joseph 1830-1916 Mythos und Wahrheit, Christian Brandstätter Verlag, 1. Auflage, S. 87 – 92)

Frage 10: Hat Sisi geraucht?

Film: Sisi besucht ein Lazarett mit Kriegsverletzten und ein Verwundeter meint, er hätte so gerne eine Zigarette. Daraufhin gibt Sisi ihm eine von ihren Zigaretten, zündet sich selber auch eine an und legt sich zum Verwundeten ins Bett, wo sie gemeinsam rauchen. Auch während sie anlässlich des 25. Hochzeitstages gemalt wird, raucht sie eine Zigarette.

Antwort: Sisi hat im Zuge ihrer Repräsentationspflichten Spitäler, Waisen- und Armenhäuser und Schulen besucht. Der direkte Kontakt zu den Betreuten war ihr wichtig, auch um sich ein eigenes Bild von deren Situation zu machen. Sie sprach mit den Menschen und gab oft großzügige Geldspenden an die Anstalten. (siehe Olivia Lichtscheidl und Michael Wohlfahrt, Elisabeth Kaiserin und Königin, Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft m.b.H., 1. Ausgabe, S. 21)

Zur damaligen Zeit war es Damen nicht gestattet zu rauchen. Von dieser Konvention ließ sich Sisi aber nicht beeindrucken. So wurde sie öffentlich beim Kutschieren auf einem Kutschbock beim Rauchen gesehen, was damals ein Tabubruch war. 

Es gehört aber sicherlich ins Reich der Fantasie, dass sich Sisi in einem Lazarett zu einem vollkommen Fremden ins Bett legte um zu rauchen.

Frage 11: Ist es Sisis Schuld, dass das erste Kind, Erzherzogin Sophie gestorben ist?

Film: Sisi möchte mit Marie Valérie verreisen, der Kaiser hält dies jedoch für keine gute Idee. Er deutet an, dass es ihre Schuld sei, dass die kleine Erzherzogin Sophie gestorben ist. 

Antwort: Im Jahr 1857 begab sich das Kaiserpaar mit den beiden Kindern Erzherzogin Sophie und Erzherzogin Gisela auf eine längere Repräsentationsreise nach Ungarn. Sisi wollte nicht so lange von den Kindern getrennt sein und Franz Joseph willigte ein, die Kinder mitzunehmen.

Die kleine Sophie hatte vor der Abreise aus Wien zwar Fieber, die Ärzte meinten jedoch, dies käme vom Zahnen. Es sei keine ernsthafte Erkrankung und die Kinder könnten ihre Eltern auf die Reise begleiten. In Ungarn erkrankte dann auch Gisela, die sich jedoch rasch wieder erholte, während sich Sophies Zustand wieder verschlechterte. Die Ärzte beruhigten das Kaiserpaar, dass es nichts Ernstes sei und sie ihre Reise ins Landesinnere (ohne Kinder) antreten könnten.

Nach fünftägiger Dauer wurde die Reise jedoch abgebrochen, da es Sophie immer schlechter ging. Erst jetzt wurde erkannt, dass Sophie an der Ruhr erkrankt war. Sie verstarb nach elfstündigem Todeskampf in den Armen der Kaiserin. Diesen Schicksalsschlag hat das Kaiserpaar nie überwunden. Vorwürfe gegen Sisi, sie sei Schuld am Tod der kleinen Sophie, weil sie sie auf die Reise mitnehmen wollte, sind nicht belegt. (siehe Brigitte Hamann, Elisabeth Kaiserin wider Willen, Piper Verlag, 8. Auflage, S. 110 – 113, Olivia Lichtscheidl und Michael Wohlfahrt, Elisabeth Kaiserin und Königin, Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft m.b.H., 1. Ausgabe, S. 23, Gabriele Prschl-Bichler, Unsere liebe Sisi. Die Wahrheit über Erzherzogin Sophie und Kaiserin Elisabeth. Aus bislang unveröffentlichten Briefen, Almathea Signum Verlag 2008, S. 138 – 145)

Frage 12: Ist es richtig, dass Sisi öffentlich für ihre häufige Abwesenheit aus Wien und ihre Reisen kritisiert wurde?

Film: Bei einem offiziellen Termin wird Sisi in Franz Josephs Gegenwart von einem Politiker, der ihr nicht wohl gesonnen ist, auf ihre oftmalige Abwesenheit offen angesprochen. Aus seiner Sicht sei sie ein Phantom in Wien. 

Antwort: Zu dieser Zeit wurde absolute Loyalität zum Kaiserhaus erwartet und es bestand auch der Tatbestand der Majestätsbeleidigung. Sicherlich wurden die vielen Reisen der Kaiserin und der Unsummen verschlingende Reitsport verurteilt, jedoch nur hinter vorgehaltener Hand. Zeitungen wagten höchstens eine sehr vorsichtig formulierte Kritik, denn ein öffentlicher Tadel an den „allerhöchsten Personen“ hätte eine Strafverfolgung nach sich gezogen. (siehe Brigitte Hamann, Elisabeth Kaiserin wider Willen, Piper Verlag, 8. Auflage, S. 329 – 330)

Es ist also mehr als unwahrscheinlich, dass ein Politiker die Kaiserin noch dazu in Gegenwart des Kaisers offen kritisiert und als Phantom bezeichnet hätte. Die politische Karriere wäre damit jedenfalls beendet gewesen. 

Autor/-in unbekanntUnknown author, Public domain, via Wikimedia Commonss

Frage 13: Wie war das Verhältnis zwischen Sisi und Marie Valérie?

Film: Sisi bemängelt in einer Szene, dass Marie Valérie zu viel Deutsch lese und mehr Ungarisch sprechen müsse. Einmal weckt sie ihre Tochter mitten in der Nacht und will mit ihr ausreiten. Es ist finster und eiskalt, Marie Valérie kann nichts sehen und befürchtet zu stürzen. 

Antwort: Marie Valérie schreibt am 02.08.1883 in ihr Tagebuch, dass Sisi sich gegenüber dem Kaiser beschwerte, dass sie mit ihrer Erzieherin immer nur Deutsch spreche und nicht Ungarisch. Den Kaiser amüsierte es, dass Marie Valérie lieber Deutsch sprach und diese freute sich, dass ihr Vater sie dabei unterstützte. 

Sisi hatte im Jahr 1875 einen schweren Reitunfall. Sie war eine zeitlang bewusstlos und zog sich eine Gehirnerschütterung zu. Sie stieg zwar wieder aufs Pferd, Marie Valérie musste jedoch versprechen, nie ein Pferd zu besteigen. (siehe Brigitte Hamann, Elisabeth Kaiserin wider Willen, Piper Verlag, 8. Auflage, S. 328) 

Darüber hinaus war Marie Valérie das Nesthäkchen und das erklärte Lieblingskind der Kaiserin. Vor dem Hintergrund, dass Sisi schon ein Kind verloren hatte, hätte sie wohl Marie Valérie niemals überredet, unter solchen Bedingungen auf ein Pferd zu steigen. 

Frage 14: Hat Sisi Ohnmachten vorgetäuscht, besonders, wenn sie an Terminen nicht teilnehmen wollte?

Film: Sisi und Franz Joseph nehmen an einem offiziellen Termin teil, was Sisi zuwider ist. Sie täuscht daher einen Ohnmachtsanfall vor. In einer anderen Szene demonstriert sie Ludwig II. von Bayern, wie man glaubwürdig in Ohnmacht fällt.

Antwort: Sisi war seit Kindertagen an eher kränkelnd. Sie litt an Atemwegserkrankungen, aber auch an Obstipation, was sie durch verschiedene Maßnahmen wie Kuraufenthalte, Trinkkuren, Ernährung und intensive Bewegung zu kurieren versuchte. Später kamen noch Ischiasbeschwerden und Rheuma dazu. Über Ohnmachtsanfälle – vorgetäuschte oder echte – gibt es keinerlei Aufzeichnungen. (siehe Olivia Lichtscheidl und Michael Wohlfahrt, Elisabeth Kaiserin und Königin, Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft m.b.H., 1. Ausgabe, S. 256 – 57)

Frage 15: Ist Sisi ist von einem Schiff gesprungen?

Film: In der Schlussszene geht Sisi zum Schiffsbug, klettert auf die Reling und springt ins Meer.

Antwort: Ich dachte zuerst, das sollte eine Nachstellung eines Fotos bzw. Gemäldes von Sisi sein, das sie von hinten an der Reling der Jacht „Miramar“ stehend zeigt. Aber nein, Sisi, springt vom Schiff. Ich war baff! Davor hatte sie schon einmal versucht, sich umzubringen, indem sie aus einem Fenster der Hofburg sprang, sich dabei aber lediglich den Fuß verletzte.

Sisi war ein sehr gläubiger und später auch spiritueller Mensch. Der Selbstmord von Kronprinz Rudolf hat sie zu tiefst erschüttert. Ihr Leben hatte viele Höhen und Tiefen, sie musste private Schicksalsschläge ertragen und zog sich im Laufe der Jahre auch immer mehr zurück. Ihre Hofdame berichtet 1897 sogar von Todesgedanken, ein Suizid wäre aber nie in Frage gekommen. (siehe Katrin Unterreiner, Sisi Mythos und Wahrheit, Christian Brandstätter Verlag, 7. Auflage, S. 100 – 101)

Fazit:

Corsage – Kaiserin Elisabeth steckt sinnbildlich in der engen Korsage des kaiserlichen Lebens, in dem es für sie nur um die Aufgabe der Repräsentation des Landes und dem langsamen Vergehen ihrer Schönheit zu gehen scheint. Sisi wird im Film in eine Opferrolle gedrängt, was ihr nicht gerecht wird. Sie war eine selbstbewusste und selbstbestimmte, kluge und moderne Frau. Auch die Stimmung im Film ist durchwegs depressiv. 

Meine Cousine und ich warten schon lange auf einen authentischen Film oder Serie über Kaiserin Elisabeth. An einer historisch korrekten Darstellung war man aber auch hier nicht interessiert, wie die Hauptdarstellerin in einem Interview offen erklärte.

Das finde ich sehr schade, denn Sisi war eine interessante Persönlichkeit, die gegen gesellschaftliche Konventionen verstieß und versuchte ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu gestalten. 

Eine realistische Verfilmung ihres Lebens wäre sicherlich lohnens- und sehenswert. Wir werden also weiterhin hoffen!